Klassik im Dialog (Audio-CD, kreuzberg records, kr 10115)
Im Mai 2014 wurde im Konzerthaus Berlin eine CD mit Werken von Felix Mendelssohn Bartholdy, Giovanni Bottesini und Pjotr Tschaikowsky aufgenommen, die im Dezember 2014 erschienen ist. Das wäre erst mal nichts Besonderes, wenn das Projekt nicht das Ergebnis einer bemerkenswerten Kooperation zwischen dem Konzerthausorchester Berlin und dem Orchester des Musikgymnasiums Carl Philipp Emanuel Bach wäre – als Teil von „Tutti Pro“, einer Initiative für das gemeinsame Proben und Musizieren von Berufs- und Jugendorchestern, die von der Jeunesses Musicales und der Deutschen Orchestervereinigung in Verbindung mit dem Verband deutscher Musikschulen auf den Weg gebracht wurde.
Die CD „Klassik im Dialog“ dokumentiert nun nicht nur klanglich, wie sich die Orchesterpartnerschaft zwischen den beiden Klangkörpern konkret gestaltet. Aus dem umfangreichen und unbedingt lesenswerten Booklet kann man neben detaillierten Fakten zu den aufgeführten Werken und zu den Mitwirkenden tiefe Einblicke in das Konzept der Zusammenarbeit und in die teilweise sehr persönlichen Erfahrungen der Beteiligten damit erhalten.
Aber allein schon der Tonträger ist überzeugender Beleg für den Erfolg dieses Projekts und dafür, dass man sich um die Zukunft der Pflege des Musikkulturerbes keine Sorgen machen muss. Ohne das Wissen um die Hintergründe und die Zusammensetzung der Mitwirkenden meint man, eine gewohnt solide Klassik-Produktion mit einem Spitzenorchester und mit gestandenen Solisten zu hören. Mit dem Wissen wiederum, dass daran viele Musikschüler mitgewirkt haben und dass insbesondere die Solisten Marijn Seiffert (Violine), David Scherka (Kontrabass) und Josephine Bastian (Violoncello) allesamt Schüler des Musikgymnasiums sind, ist man umso mehr beeindruckt.
Es verwundert natürlich nicht, dass die jungen Solist/inn/en bereits auf teilweise internationalen Nachwuchs-Wettbewerben mehrfach preisgekrönt wurden. Aber angesichts des Durchschnittsalters von 20 Jahren könnte der eigentlich abgenutzte Ausdruck „reife Leistung“ hier – wörtlich genommen – mal wirklich passen: Das musikalisch-technische Niveau beim Musiker-Nachwuchs ist zwar in den letzten Jahrzehnten ganz allgemein enorm in die Höhe geschnellt. Aber was wir hier hören, ist auch eine künstlerische Reife, die nur mit Erfahrungen wachsen kann, die nicht allein durch musikalisch-spieltechnisches Training erlangt werden kann. Es liegt auf der Hand, dass dabei die Nähe und Zusammenarbeit mit berufs- und lebenserfahrenen Musikern und Orchesterleitern ihre Spuren hinterlassen hat. Dabei muss natürlich die einfühlsame Integrationsarbeit und Führung durch die Dirigenten Tilo Schmalenberg und Jörg-Peter Weigle gewürdigt werden. Auch wenn es schon seit 2008 etliche gemeinsame Projekte und somit reichlich Erfahrungen mit dieser Form gemeinsamen Musizierens gibt, zeugt eine Produktion in dieser Konstellation doch von einer gewissen Risikobereitschaft und dem Vertrauen in das gewachsene Potenzial aller Beteiligten.
Wie inspirierend Herausforderungen dieser Art auf die Nachwuchskünstler wirken, wie deren Enthusiasmus auf die Profis im Orchester ausstrahlt und wie sich das auf einen lebendigen und homogenen Orchesterklang auswirkt, kann man auf dieser CD hören.
© 2015 by Paul Th. Monk